M. Huber: Die Presse in der Zentralschweiz

Cover
Titel
Unter Druck. Die Presse in der Zentralschweiz. Von den Anfängen bis zur Gegenwart


Autor(en)
Huber, Max
Erschienen
Basel 2023: Schwabe Verlag
Anzahl Seiten
613 S.
von
Markus Furrer, Institut für Geschichtsdidaktik und Erinnerungskulturen, Pädagogische Hochschule Luzern

Der Luzerner Historiker Max Huber legt mit seinem Werk eine voluminöse Zeitungsgeschichte aus den sechs Zentralschweizer Kantonen (Luzern, Zug, Schwyz, Uri, Ob- und Nidwalden) vor, die sich über einen Zeitraum von rund 400 Jahren erstreckt. Von ihm stammt bereits eine Dissertation zur Luzerner Pressegeschichte (1914–1945) und der Beitrag in der Luzerner Kantonsgeschichte zum 20. Jahrhundert über die «Luzerner Medienlandschaft».1

Das vorliegende Werk blickt auf eine längere Entstehungszeit zurück, in der sich die Rahmenbedingungen des Untersuchungsgegenstands verändert haben. So entstand der Titel «Unter Druck» im Laufe des Arbeitsprozesses und versinnbildlicht den aktuellen Wandel, dem die Printpresse in einer Zeit der digitalen Transformation unterliegt. Als Max Huber mit seinem Werk startete, gab es wohl Internet und E-Mail, aber noch keine Smartphones und Social Media. Für das vorliegende Buch ist diese langdauernde Arbeitsund Schreibphase geradezu als Glücksfall einzustufen, konnte doch in der Folge der digitale Wandel miteingearbeitet werden und auch den analytischen Blick auf den Gegenstand beeinflussen. Die vorliegende Zentralschweizer Pressegeschichte spannt so einen Bogen, der von der Revolution des Buchdrucks zur digitalen Revolution reicht. Zurecht nutzt Max Huber den Ausdruck der Revolution für den aktuellen Wandel, wenn er im Epilog fragt, ob damit ein vierhundertjähriges Verhältnis zwischen Zeitungsdruck und -verlag vor der Auflösung stehe. Einfache Antworten darauf lassen sich nicht finden, die Studie zeigt jedoch, welche Entwicklung das Zeitungswesen durchlaufen hat und wie zahlreiche technische, gesellschaftliche aber auch ökonomische Herausforderungen bewältigt worden sind. So liegt mit dem Werk eine kontinuierliche und umfassende Darstellung der Zentralschweizer Presselandschaft seit ihrer Entstehung im 16. Jahrhundert vor, die alle in der Innerschweiz erschienenen und noch erscheinenden Zeitungsorgane historisch erfasst. Max Huber schreibt in einem gewissen Sinne die vom Luzerner Pressehistoriker Fritz Blaser in den 1950er-Jahren erarbeitete Bibliographie der Schweizer Presse für das Gebiet der Zentralschweiz fort. Er macht dies jedoch nicht in Form eines Lexikons oder erstellt eine Datenbank, sondern verfasst eine chronologische und auch regional gegliederte Erzählung, die die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen und für den Gegenstand nicht unwichtigen technologischen Dimensionen miteinbezieht. Auch finden sich darin wichtige Bezüge und vergleichende Hinweise, die über den Untersuchungsraum hinaus gehen. In Anlehnung an Karl Weber, ein ehemaliger Professor für Zeitungswissenschaft an der Universität Bern, sieht der Autor «dreierlei Kräfte» am Walten, die die Presse gestalten, nämlich «wirtschaftliche, technische und geistige» (S. 550).

Das Buch ist in fünf Hauptkapitel unterteilt, die sich an historischen und gesellschaftspolitischen Strukturen orientieren, so zur Frühgeschichte des Pressewesens (15.–18. Jahrhundert) und dann zur Zentralschweizer Presse von 1798 bis 1848, von 1848 bis 1914, von 1914 bis 1970 und von 1970 bis 2022. Ein umfangreiches Register erleichtert die Orientierung und eine reich gehaltene Bibliographie eröffnet Forschenden leicht Zugang zum historischen Material und zu den einschlägigen Publikationen. Zahlreiche Abbildungen, darunter Porträts von Personen oder auch Zeitungstitel, Verlagsgebäude oder Druckpressen sowie tabellarische Darstellungen und Karten ergänzen die Schriftlichkeit. Insbesondere Fotos von Zeitungsredaktionen und Verwaltungsräten verdeutlichen, dass Menschen Zeitungen machten und machen. Personen und Zeitungen prägende Familiendynastien erhalten ein gebührendes Gewicht. Abgebildete Titelblätter im Layout der Zeit erinnern an oft nicht mehr existierende Namen von Printmedien. Max Huber versteht es, ein höchst informatives Nachschlagewerk mit detaillierten Angaben zu verfassen und gleichzeitig die Gesamtstruktur einer historischen Erzählung beizubehalten. Nachverfolgen lassen sich darin die Entwicklungen einzelner Presseerzeugnisse, die stets in einen Bezug zur Gesamtentwicklung gesetzt sind. Gezeigt wird unter anderem, wie sich im 17. und 18. Jahrhundert unter obrigkeitlicher Zensur in der Zentralschweiz allein in der Stadt Luzern wenige kleinformatige Zeitungen und Zeitschriften für kürzere Zeit entfalten konnten. In der Revolutionszeit zwischen 1798 und 1848 entstanden dann in Zug, Luzern, Sursee und Schwyz neue, stark meinungsbetonte Zeitungsorgane. Anschliessend bildeten sich daraus bis zum Ersten Weltkrieg in den sechs Zentralschweizer Kantonen parteipolitisch orientierte Zeitungen. Daneben formierten sich auch neutrale Anzeigenblätter, die sich seit den 1960er Jahren als Forumszeitungen verstanden. Sie erhielten auch Konkurrenz von Gratisanzeigern oder wurden von grösseren Konkurrenten aufgekauft. Der Vormarsch auswärtiger Medienkonzerne wird im ausgehenden 20. Jahrhundert zu einem Politikum und mit dem digitalen Zeitalter geraten die Printmedien unter «Druck». Deutlich wird bei der Lektüre des Buches, wie prägend der technologische Wandel das Medium und das Verlagswesen bestimmte: Rund dreieinhalb Jahrhunderte lang war das Medium Zeitung untrennbar mit der Technologie des Buchdrucks verbunden. Nicht minder bedeutsam sind auch die Menschen, die Zeitungen machten. Dank der vielzähligen Einzelporträts und Kurzbiographien lässt sich das gut nachvollziehen. Offenkundig wird auch, wie sich Familienbetriebe über Generationen halten konnten und wie ökonomische Herausforderungen, so der Wechsel vom Buchdruck zum Offsetdruck oder vom
Bleisatz zum Fotosatz die Besitzverhältnisse veränderten.

Eine Wiedergabe der Details im Rahmen einer Rezension ist für dieses umfangreiche Werk nicht möglich. Das Buch lebt jedoch davon und vermittelt höchst aufschlussreiche und reichhaltige Hinweise zu den einzelnen Presseerzeugnissen, immer verbunden mit aussagekräftigem Quellenmaterial, das auch den Zeitkolorit treffend wiedergibt. Max Huber schafft so eine höchst informative Pressegeschichte des politischen Kulturraums Zentralschweiz, die weit über diesen hinauswirkt.

Notes
1 Max Huber, Geschichte der politischen Presse im Kanton Luzern von 1914–1945, Basel 1989; ders., Öffentliche Kommunikation. Die Luzerner Medienlandschaft, in: Staatsarchiv des Kantons Luzern (Hg.), Der Kanton Luzern im 20. Jahrhundert, Bd. 2, Zürich 2013, S. 179–205.

Zitierweise:
Furrer, Markus: Rezension zu: Huber, Max: Unter Druck. Die Presse in der Zentralschweiz. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Basel 2023. Zuerst erschienen in: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 73(3), 2023, S. 399-400. Online: <https://doi.org/10.24894/2296-6013.00134>.

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